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Honigbienen weltweit in Gefahr

Rund 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Doch in immer größeren Teilen der Welt gehen die Bestände  oft dramatisch  zurück. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Endlich ist er wieder da: Der Frühling erfreut unsere Augen mit bunten Farbtupfern in grünen Wiesen, die Pflanzen treiben Knospen aus und machen schon Vorfreude auf die vielen verschiedenen Gemüse- und Obstsorten sowie Feldfrüchte. Für den Artenreichtum und die Vielfalt der Pflanzen sind vor allem die Bienen verantwortlich. Ohne sie müssten wir auf vieles verzichten.

 

Rund 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen, und die Liste der Pflanzen, die ohne Bienen verschwinden würden, ist lange. Nach dem Rind und dem Schwein ist die Biene das drittwichtigste Nutztier. Die Bienen vollbringen, abgesehen von der Produktion des wertvollen Honigs, wahrlich großartige Leistungen. Laut UNEP (United Nations Environment Programme = Umweltprogramm der Vereinten Nationen) werden von den hundert Nutzpflanzen, die über 90 Prozent der weltweiten Ernährung sicherstellen, mehr als siebzig von Bienen bestäubt.

 

Der jährliche volkswirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung der Bienen liegt laut Deutschem Imkerbund in Deutschland bei 2 Milliarden Euro, weltweit bei 70 Milliarden US-Dollar. In den Apfelplantagen Südtirols stellen Imker beispielsweise jährlich 20.000 Bienenstöcke auf, und 500 Millionen Bienen sind dann unterwegs, um die Apfelblüten zu bestäuben. In Kalifornien werden für die Befruchtung von Mandelblüten Millionen von Bienen in Tausenden von Kästen mit Lastern über viele Quadratkilometer hinweg in den Plantagen verteilt. 1,5 Millionen Bienenvölker befruchten dort die Blüten von 77 Millionen Mandelbäumen.

 

Doch Monokulturen, Umweltverschmutzung, Pflanzenschutzmittel, Schädlinge und Krankheiten machen den Bienen weltweit schwer zu schaffen: Rund um den Globus ist ein Bienensterben zu registrieren. Dem UNEP-Bericht „Global Bee Colony Disorders and other Threats to Insect Pollinators“ zufolge verzeichnen manche Regionen einen Rückgang von Bienenvölkern von bis zu 85 Prozent. Nicht nur in Europa und Amerika, sondern auch in Afrika und Asien verenden Bienen. In Japan etwa ist jede vierte Bienenkolonie von einem Massensterben betroffen, auch China meldet großflächige Probleme. Wenn die Menschheit ihre Bewirtschaftung der Erde nicht nachhaltig umstellt, werde sich die Situation der Bienen weiter verschlechtern, so das Fazit des UNEP-Berichts. Ohne Bienen könnten uns bei der Nahrungsmittelproduktion massive Engpässe drohen.

 

Die Feinde der Honigbienen

Für den Rückgang der europäischen Honigbienen wird unter anderem die Varroamilbe (Varroa destructor) verantwortlich gemacht. Sie ist 1,6 mm groß und beißt sich an einer Biene fest. In den verdeckelten Waben der Bienenlarven findet die Varroamilbe ideale Bedingungen, um sich zu entwickeln. Die Anzahl der Varroamilben verdoppelt sich im Durchschnitt innerhalb von drei bis vier Wochen; eine Milbe ergibt in einem Jahr 100 Milben. Die Milben schwächen die Bienenvölker und können bis zu 20 verschiedene Viruserkrankungen auslösen, die den Tod eines Bienenvolks bedeuten können. Es ist die Aufgabe der Imker, durch eine geeignete Bekämpfung den Befall von Bienenvölkern durch die Varroamilbe stark einzuschränken und unter Kontrolle zu halten, um das Überleben der Bienenvölker zu gewährleisten. Die Milben können vor allem in der brutfreien Zeit im Winter bekämpft werden.

Aufgrund der Globalisierung breiten sich Schädlinge immer schneller aus. Neue Arten gefährlicher Pilze, Milben und Viren reisen durch den internationalen Handel um die ganze Welt und stellen für die Bienen und andere Bestäuber eine tödliche Gefahr dar.

Auch der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft macht das Überleben der Bienen schwierig. In Österreich wird vor allem der Einsatz von sogenannten Beizmitteln beim Anbau von Mais heftig kritisiert. Österreichs Bienenzüchter fordern das Verbot des Beizmittels Clothianidin. Seit zwei Jahren gibt es zwar in Österreich für die Bauern Auflagen zur Ausbringung von gebeiztem Saatgut; 2011 waren dennoch über 2000 Bienenvölker von Vergiftungen betroffen.

Auch der Rückgang des Nahrungsangebotes macht den Honigbienen zu schaffen. In unseren Breiten etwa stehen den Bienen von Juni bis Oktober nur noch wenige blühende Pflanzen zur Verfügung. Bienenexperten schlagen daher vor, dass etwa am Rand von Nutzpflanzenfeldern gezielt Blütenpflanzen gesetzt werden sollen. Auch wer in seinem Garten blühende Sträucher statt Thujenhecken sowie Wiesen mit Kräutern und Blumen statt eines englischen Rasens hat, leistet schon einen großen Beitrag für die Erhaltung der Bienen.

 

Laut UNEP-Bericht schätzt man, dass in den kommenden Jahrzehnten weltweit bis zu 20.000 Arten von Blühpflanzen verschwinden könnten. Das würde den Bienen große Probleme bereiten, weil sie zum Beispiel zur Versorgung ihrer Larven eine ganze Reihe von verschiedenen Pflanzen brauchen. Fehlen diese, könnte das Immunsystem des Nachwuchses geschwächt und leichter zum Ziel von Schädlingen werden.

 

Der Klimawandel könnte die Probleme der Bienen weiter verstärken, unter anderem weil sich die Blühzeiten und die Niederschlagsverteilungen ändern. Auch dadurch könnte sich das Pollenangebot verändern - unter Umständen zum Nachteil der Bienen.

 

Neues Interesse für die Imkerei

Viele, vor allem junge Leute wurden durch die zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema Bienensterben neugierig auf die Imkerei und legen nun selbst Hand an. Die österreichweiten Landesverbände für Bienenzucht bieten für das Erlernen des Imkereihandwerks Kurse an, und es gibt auch Förderungen für NeueinsteigerInnen und für die Anschaffung von Imkereigeräten.

 

 

Text von Dipl.-Ing. Irene Raffetseder, Geschäftsführerin der Naturfreundejugend und Hobby-Imkerin, Fotos von Christian Boigenzahn

 


Wichtige Facts:

Honig ist trotz der eingesetzten Chemikalien immer noch eines der reinsten Lebensmittel. Er besteht aus etwa 200 Inhaltsstoffen, deren Zusammensetzung je nach Sorte sehr unterschiedlich sein kann. Typische Inhaltsstoffe sind verschiedene Zuckerarten wie Frucht- oder Traubenzucker, Pollen, Mineralstoffe, Proteine, Enzyme, Aminosäuren, Vitamine, Farb- und Aromastoffe. Für ein halbes Kilo Honig legt eine Biene eine Strecke zurück, die einem Flug dreimal um die Erde entspricht.

 

Clothianidin gehört zu den Neonicotinoiden, einer Gruppe von hochwirksamen Insektizide, und ist ein Nervengift, das Maispflanzen gegen den Maiswurzelbohrer immunisieren soll. Es wird nicht wie viele andere Mittel über die Felder gesprüht, sondern es ummantelt als sogenanntes Beizmittel das Samenkorn. Diese Ummantelung kann sich jedoch in der Sämaschine lösen, pulversiert in die Luft gelangen und durch den Wind in die Umgebung, auf Raps-, Baum- und Wildstaudenblüten geblasen werden. Die Bienen nehmen dieses Gift auf und verenden innerhalb von fünf Minuten. In Deutschland, Italien und Slowenien darf man dieses Beizmittel seit 2008 nicht mehr einsetzen. Seit zwei Jahren gibt es in Österreich für die Bauern Auflagen zur Ausbringung des gebeizten Saatguts. 2011 gab es jedoch erneut Schäden für die Imker.

 

Alternativen. Der Maiswurzelbohrer konnte in einigen Gebieten durch einen zweijährigen Anbaustopp von Mais ohne den Einsatz von Chemikalien wirkungsvoll bekämpft werden. Auch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bestätigt die Wirksamkeit der Fruchtfolge als Bekämpfungsmethode.

 

Der Maiswurzelbohrer wurde 1992 aus Amerika nach Europa eingeschleppt und ist seit 2007 auch in Oberösterreich nachweisbar. Der Verwandte des Kartoffelkäfers ist fünf Millimeter groß und orange-schwarz gefärbt. Der Maiswurzelbohrer kann durch seine Schäden an der Maiswurzel ganze Felder zum Absterben bringen.

 


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