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Verkehr auf Klimakurs bringen

Österreichs Sorgenkind beim Klimaschutz ist der Verkehr. Dabei könnte schon heute unsere Mobilität klimafreundlich sein. Die Politik müsste allerdings die dafür nötigen Weichen stellen.

Text: Christian Gratzer, Leiter Kommunikation, VCÖ - Mobilität mit Zukunft  

 

Im Jahr 1990 hatten in Österreich der Verkehrs- und Gebäudesektor* einen etwa gleich hohen CO2-Ausstoß. Im Vorjahr verursachte der Verkehr jedoch dreimal so viele klimaschädlichen Emissionen wie der Gebäudesektor. Während die Gebäudeemissionen etwa durch die Umstellung von Heizsystemen um ein Drittel gesenkt wurden, sind die verkehrsbedingten Emissionen um mehr als 75 Prozent gestiegen. Warum? Weil in der Vergangenheit Strukturen geschaffen wurden, die den Verkehrsaufwand erhöht haben.

 

Zersiedelung führt zu mehr Verkehr

Supermärkte durften sich außerhalb der Ortszentren ansiedeln. Sie sind allerdings meist nur mit dem Auto gut erreichbar. In ländlichen Gebieten sind Nahversorger in Ortschaften eine Seltenheit geworden. Man kann kaum noch zu Fuß einkaufen gehen. Statt ein paar hundert Metern beträgt der Einkaufsweg heute einige tausend Meter. Das Einkaufen ist nur ein Beispiel von vielen. Zahlreiche Gemeinden haben diese negative Entwicklung vorangetrieben. Statt schönen Wohnraum im Ortskern zu schaffen wurden Wiesen am Ortsrand zu Bauland umgewidmet. Der Weg zum Kindergarten, zur Schule oder in die Arbeit wurde damit länger. Und da die neuen Siedlungen meist weder an den öffentlichen Verkehr noch ans Radwegenetz angeschlossen wurden, nahmen die Autofahrten stark zu.

 

Zusätzlich verschärft die Zersiedelung das Problem der Bodenversiegelung und der damit verbundenen Zerstörung des Naturraums. Der Verkehr beansprucht in Österreich bereits mehr als 2000 Quadratkilometer, 93 Prozent davon sind Straßen, Parkplätze und andere Flächen für den Kfz-Verkehr. Während das Schienennetz heute kleiner ist als im Jahr 2000, ist das Straßennetz massiv gewachsen.

Im Zuge der Ausgangsbeschränkungen während der COVID-19-Pandemie ist der Verkehr stark zurückgegangen. Die Folgen: bessere Luft statt Abgase und Vogelgezwitscher statt Verkehrslärm. Gesündere Luft, weniger Lärm und keine Staus – wäre das nicht auch wünschenswert, wenn der Wirtschaftsmotor wieder brummt und wir Menschen uneingeschränkt unterwegs sein dürfen? Dieses Ziel können wir erreichen, wenn Mobilität und Gütertransport auf Klimakurs kommen.

 

 

Kalorien statt Erdöl verbrennen

Das Ziel jeder zehnten Autofahrt liegt weniger als einen Kilometer entfernt und wäre somit fußläufig. Vier von zehn Autofahrten sind kürzer als fünf Kilometer; diese Distanz wäre gut mit dem Rad zu bewältigen. Dank E-Bikes kann man ohne viel Anstrengung auch längere Strecken zurücklegen. Sechs von zehn Autofahrten sind kürzer als zehn Kilometer.

 

Gehen und Radfahren sind am klimafreundlichsten und auch am gesündesten. Wer Alltagswege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegt, kommt auf eine tägliche Portion gesunde Bewegung und stärkt das Immunsystem. Gefordert ist die Politik, die Infrastruktur zum Gehen und Radfahren zu verbessern, damit mehr Menschen Kalorien statt Erdöl verbrennen.

 

 

Bei längeren Strecken mit der Bahn fahren

Bei weiteren Distanzen punktet der öffentliche Verkehr. Wer 1000 Kilometer mit der Bahn statt mit dem Auto fährt, reduziert seinen CO2-Ausstoß im Schnitt um mehr als 90 Prozent. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Fahrgäste erfreulich gestiegen, gemessen an der Einwohnerzahl wird in keinem EU-Land so viel Bahn gefahren wie in Österreich. Von der Schweiz können wir jedoch noch einiges lernen: Ein dichtes Schienennetz, häufige Verbindungen im Taktfahrplan sowie eine hohe Qualität bei Waggons und Bahnhöfen führen dazu, dass dort noch mehr Menschen als bei uns mit der Bahn fahren.

Die Bahn ist auch als klimaverträgliche Alternative zum Flugzeug zu forcieren. Im Vorjahr flogen rund 40 Prozent der Passagiere des Flughafens in Wien eine Strecke, die kürzer als 800 Kilometer war, wie eine VCÖ-Analyse zeigt. Die EU ist gefordert, Europas Schienennetz auszubauen und zu modernisieren. Das wäre eine Konjunkturlokomotive, die Jobs schafft und uns den Klimazielen näherbringt.

 

Nicht nur der Klimaschutz spricht fürs Bahnfahren. Für viele Fahrgäste ist auch die nutzbare Zeit ein wichtiges Plus, wie der jährlich durchgeführte VCÖ-Bahntest zeigt. Zu lesen, zu arbeiten, sich auszuruhen oder mit den Kindern zu spielen – all das ist hinter dem Autolenkrad nicht möglich.

 

 

Und die Nutzung des Autos?

Beim Autokauf sollte man das für seine Bedürfnisse kleinstmögliche Modell wählen und dieses so wenig wie möglich verwenden. Wer wenig und spritsparend fährt, produziert nicht nur weniger giftige Abgase und Feinstaub, sondern verlängert auch die Lebensdauer seines Autos, was ebenfalls die Umwelt schont. Allein die Herstellung eines Autos verursacht so viel CO2, wie bei rund 30.000 Kilometern Autofahren ausgestoßen werden.

 

Ist ein E-Auto umweltfreundlich?

Nein, es ist weniger umweltschädlich. Mit Strom statt mit Diesel oder Benzin betrieben, verursachen Pkw weniger CO2, auch wenn die Batterieherstellung eingerechnet wird.

Durch Carsharing – also durch das Teilen des Autos mit anderen – kann man sowohl die Kosten- als auch auch die Umweltbilanz verbessern.

 

Jede(r) kann einen Beitrag für eine umweltfreundlichere Mobilität leisten. Unsere Kinder und Enkelkinder werden es uns danken.

 

 

* Der Begriff „Gebäudesektor“ bezieht sich auf das Heizen (exkl. Industrie).

 

Auf Öffis umsteigen lohnt sich: Fährt man 1000 Kilometer mit der Bahn statt mit dem Auto, kann man seinem CO2-Ausstoß um mehr als 90 Prozent reduzieren.
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