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Naturnahes Garteln

Gemüse zu ernten, das man selbst gesät und ganz ohne Chemie aufgezogen hat, bereitet große Freude. Wie naturnaher Gemüseanbau funktioniert, hat uns Johann Weiß von den Steinschaler Naturhotels erklärt.

 

Text: Barbara Pletzer, Fotos: Doris Schwarz-König, Steinschaler Naturhotel

 

Entspannend, entschleunigend, erdend. Wer das Glück hat, einen eigenen Garten zu besitzen, und diesen liebevoll hegt und pflegt, weiß, wie das ist, wenn man nicht nur dem Gras, sondern auch den selbst gezüchteten Paradeisern und Karotten beim Wachsen zuhören darf. Das Tempo gibt nicht der Mensch, sondern die Natur vor. Aussäen, warten, sprießen, warten, wachsen lassen, warten, warten, noch ein bisserl warten und schließlich ernten und sich darüber freuen, weil das selbst angebaute Gemüse natürlich um Welten besser als irgendwo gekauftes schmeckt. Und günstiger ist es obendrein. Dafür hat man mehr Arbeit? Das muss nicht sein - vor allem, wenn man sich etwas auskennt, die Natur respektiert, den Mut zum Weniger-Tun hat und auf Chemie verzichtet.

 

„Dein Gemüse schmeckt zwar sehr gut, aber dein Garten ist leider ziemlich schiach.“ So manch stolzer Gärtner würde bei so einer Aussage aus allen Wolken fallen und wäre stinkbeleidigt. Nicht so Johann Weiß. Er fasst so etwas grundsätzlich als Kompliment auf - vor allem, weil er als Gastronom eher das gekochte Endresultat im Auge hat. Und weil er einem zu akkurat gestalteten Garten nicht viel abgewinnen kann. „Viele Gärten sind heutzutage zu steril. Meiner Meinung nach ist das ein Desaster für die Natur! Die Natur muss sich entfalten können, sie muss in der Lage sein, sich selbst zu regulieren - Stichwort: Biodiversität. Wenn ich ihm alles ,Schiache‘ und wild Wachsende wegnehme, darf ich mich nicht wundern, wenn ich künstlich nachhelfen muss“, so Weiß.

 

Aber Geschmäcker sind nun mal verschieden, und so manchen Gartenbesitzerinnen und
-besitzern bereitet es eben das größte Vergnügen, wenn sich Lauchstängel und Paradeiserspaliere in Reih und Glied gen Himmel strecken, wenn alles seine mathematische „Ordnung“ hat. Nun, selbst in diesem Fall kann man naturnahe Rahmenbedingungen schaffen. Man muss jedoch ein paar simple „Naturgesetze“ berücksichtigen.

 

Eins, zwei, drei, los!

Wen die Lust am naturnahen Garteln packt, wird in jedem Fall rasch feststellen, dass das gar nicht so schwer ist. Vor allem, wenn man sich - wie Johann Weiß - an einem rustikalen Garten erfreuen kann, wo auch zwischen Pflastersteinen und Trockensteinmauern allerlei wächst und gedeiht. „Wer sich traut, die Füße einmal still zu halten, und die Natur machen lässt, wird sich wundern, wie entspannend das Garteln sein kann! Ich sage immer: Ein naturnaher Garten ist etwas für Gemütliche. Ich darf mich halt nicht von schief dreinschauenden Nachbarn oder althergebrachten Mythen verunsichern lassen - etwa, dass man den Garten ständig umgraben und jedem Halm, der zwischen dem Gemüse wächst, sofort den Garaus machen muss“, meint Weiß.

 

Natürlich muss man sich auch ein bisschen auskennen und zu Beginn die passenden Rahmenbedingungen schaffen. Ein zentrales Element ist der Humusaufbau. Wer in seinem Garten für reichhaltige Vielfalt und gesundes Pflanzenwachstum sorgen möchte, kann mit Mulch, Gründünger, Kompost, Mist, alter Blumenerde oder auch mit organischem Dünger aus dem Baumarkt eine nährstoffreiche Basis schaffen, in der sich Mikroorganismen und Kleinstlebewesen wohlfühlen. Denn je mehr von ihnen in der Erde vorhanden sind, desto besser gedeihen die Pflanzen. Ein gesunder Humus ist auch ein immens guter Wasserspeicher. Weiß: „Wenn ich genügend Humus in der Erde habe, erspare ich mir das tägliche Gießen.“ Ein wichtiger Tipp: Wer Erde zukauft, sollte unbedingt torffreie Erde verwenden. Durch den Torfabbau werden nämlich Moore zerstört, und es kommt zu einer verstärkten Freisetzung von CO2.

 

Auf Umgraben verzichten!

Umgraben ist nicht nur unnötig, sondern schadet auch dem Bodenaufbau. Da jede Bodenschicht mit ihren unterschiedlichen Mikroorganismen und Lebewesen einen anderen Sauerstoffbedarf hat, gerät das Bodenleben durch das Umgraben aus dem Gleichgewicht. Falls der Boden von Zeit zu Zeit gelockert oder gelüftet werden muss, empfiehlt sich die Verwendung eines Sauzahnes, der die Bodenschichten nicht durcheinanderbringt.

 

Natürlicher Lebensraum

Wenn man sie machen lässt, richtet sich Mutter Natur schon ganz gewieft ein. Viele Pflanzen wachsen - sofern sie es dürfen - an den Stellen, wo sie die für sie besten Bodenbedingungen vorfinden. Brennnesseln etwa zählen zu den Stickstoffzeigern, Heidekraut und Heidelbeere zu den Säurezeigern. Sie zu versetzen oder gar auszureißen ist für Johann Weiß eine Untat. Ausnahme: der Windling. „Der ist ein Hundling!“, meint Weiß schmunzelnd. Wer schon einmal mit Winden im Garten zu kämpfen hatte, kann dies wohl nur bestätigen.

 

Was das „Aufräumen“ im Garten betrifft: Ein kleiner Ast- und/oder Steinhaufen sowie abgestorbene Baumstümpfe bieten vielen Tieren wie Käfern, Larven, Nagern, Igeln und Vögeln Nährstoffe und Unterschlupf. Auch sie tragen zu einem natürlichen Kreislauf im Garten bei. Herabfallende Blätter oder Früchte können als Mulch die Bodenqualität verbessern, empfindliche Feinwurzeln vor direkter Sonne schützen, Unkraut unterdrücken und die Bodenfeuchtigkeit erhöhen. Wenn dieser Mulch verrottet, gelangen ebenfalls nötige Nährstoffe in den Boden. Mit übertriebener Gartenpflege und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stört man wichtige natürliche Prozesse.

 

Mulch: Gute Schutzschicht

Als Mulch kann man im Prinzip alles verwenden, was in der Natur vorkommt: Baumrinde, gehäckseltes Stroh, Gehölzschnitt, Rasenschnitt und Laub, aber auch wie Johann Weiß die täglich anfallenden organischen Küchenabfälle (keinen Fisch und kein Fleisch!). „Das ist vermutlich auch der Grund, warum manche Leute meinen Garten nicht so hübsch finden“, so Weiß lachend. Aber das ist ihm egal. Für ihn zählt das Ergebnis. Die Küchenreste werden ja in nährstoffreichen Kompost umgewandelt. Und außerdem ist jeder noch so „schiache“ Gemüsegarten, der mit Küchenabfällen übersät ist, besser als kahle Erde zwischen den Pflanzen. Die ist in einem naturnahen Garten nämlich ein absolutes No-Go. Weiß: „In der Natur findet man kaum kahle Erde, und das aus gutem Grund. Wenn ich ein Beet zwischendurch nicht bewirtschafte, helfen mir natürlich wachsende Bodendecker dabei, die Erde zu regulieren und gesund zu halten. Wenn man ein Beet bepflanzt, sollte man die Räume zwischen dem Gemüse gut bedeckt halten. Beherzigt man dieses Prinzip, erspart man sich viel Zeit, die man sonst mit Gießen, Hacken oder Jäten verbringen müsste.

 

Und wenn das bei Johann Weiß auf seinem 30 Hektar großen Gartenareal funktioniert, klappt das auch im eigenen - vielleicht etwas kleineren - Gemüsegarten. Seinen riesigen Gemüsegarten bewirtschaftet übrigens eine einzige Gärtnerin. Hin und wieder schaut Johann Weiß oder seine Frau Annemarie hier vorbei, um nach dem Rechten zu sehen oder sich zu entspannen. Jedenfalls ist sein Garten gesund und voller Leben, und darauf kommt es letztendlich an.

Das Gold des Gartens

Wer seine organischen Küchenabfälle nicht als Mulch verwenden möchte, kann einen Komposthaufen als Zwischenstation kultivieren. Er ist eine kostenlose Quelle natürlicher Nährstoffe. Ein guter Kompost verbessert den Boden und bietet vielen Mikroorganismen und Lebewesen einen natürlichen Lebensraum. Auf einen Komposthaufen kommen Gartenabfälle, Rasen- und Heckenschnitt, Laub, pflanzliche Abfälle aus dem Haushalt, Eierschalen, Kaffeesatz sowie Algen aus dem Gartenteich. Die Komposterde wird im Herbst oder spätestens vor der Gartenbepflanzung im Frühjahr oberflächlich eingearbeitet.

Fruchtwechsel und Mischkultur

Wer sich lange an selbst angebautem Obst und Gemüse erfreuen möchte, sollte in seinen Beeten für Abwechslung sorgen. Wenn man nicht jedes Jahr dieselben Pflanzenarten auf dieselbe Stelle setzt, bleibt die Erde lebendiger, da sie nicht einseitig ausgezehrt wird. Darüber hinaus verhindert man mit einem regelmäßigen Fruchtwechsel die Ausbreitung schädlicher Pilze und Fadenwürmer.

 

Auch bei einer Mischkultur geht es darum, den Boden gesund zu halten und Schädlingen vorzubeugen. Frei nach dem Motto „Eine gute Mischung macht’s!“ sollte man in seinem Garten auf Monokulturen verzichten und stattdessen in jedem Beet verschiedene Sorten nebeneinander pflanzen. Wer etwa unter eine hochwüchsige, sonnenliebende Tomate einen schattentoleranten Kopfsalat pflanzt, kann den Platz im Beet optimal ausnutzen. Hat man ein Wühlmausproblem, setzt man zwischen sein Gemüse Knoblauch - den mögen die Wühler nämlich nicht. Ein wunderbares Mittel gegen Blattläuse ist selbstgemachte Brennnesseljauche; oder man lässt zwischen den Pflanzen Schopflavendel wachsen, dessen Geruch Blattläuse fernhält.

 

Bei der Frage, welche Pflanze neben welcher gedeiht, scheiden sich die Geister. Manche schwören auf gute Nachbarschaften und setzen etwa Tomaten neben Buschbohnen oder Petersilie, Kartoffeln neben Dicke Bohnen, Kohlrabi oder Karotten neben Erbsen, Porree oder Rosmarin (hilft gegen die Karottenfliege), andere wiederum sehen das nicht so eng. Zu den Themen „Mischkultur“ und „Pflanzennachbarn“ gibt es jedenfalls zahlreiche Ratgeber.

Hobelspäne als perfekte Abdeckung für den Boden
Wer für den richtigen Bodenaufau sorgt, kann sich über eine reiche Ernte freuen.
Führungen

Im Steinschalerhof werden bei Interesse gerne auch Gartenführungen gemacht, in denen man wertvolle Tipps für den Hausgebrauch bekommt.

 

Anmeldung: Tel.: 0 27 22/22 81, E-Mail: office@steinschaler.at

Öffentliche Anreise: mit der Mariazellerbahn bis zur Station Steinschal-Tradigist

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